09.05.2021 – Ernst Molden, Balkonkonzert, Wien

Aller guten Dinge sind drei!

Nach meinem letzten Balkonkonzert war ich mir sicher, dass ich wieder nach Erdberg fahren würde, sollte das sogenannte „Lockdown“ noch weiter anhalten. Und dann dachte ich, ich mache es an dem Tag, fast genau ein Jahr nach meinem ersten Balkonkonzert.

Mit dem Wetter hatte ich mehr als nur Glück und ich ging das Risiko ein, mich woanders hinzustellen. Meine Bedenken, auf der anderen Seite der Landstraßer Haupt zu stehen, schilderte ich schon ausführlich in meinem letzten Bericht.

Aber am Sonntag, 9. Mai 2021 legte ich eine gewisse Entspanntheit an den Tag, die ich schon lange nicht mehr verspürte und ich dachte mir: „Du warst zwei Mal dort. Du hast den Karli auch erlebt. Heute wird es nur mehr eine Zugabe sein.“

Und so positionierte ich mich in der Nähe von der EUROSPAR-Filiale und freute mich noch mehr, als ich sah, wie Ernst den Verstärker für die Bassgitarre auf dem Balkon abstellte.

Und hörte gleichzeitig den Auto(bus)verkehr donnern. Huch! Kurz fragte ich mich, ob das wirklich eine so gute Idee war. Aber warum stehen dann seit dem ersten Balkonkonzert so viele Menschen, teilweise freiwillig, auf dieser Straßenseite? Und die hören ja alle besser als ich.

Auf jeden Fall positiv war die bessere Sicht auf die Bühne, nein, auf den Balkon. Die Landstraßer Haupt füllte sich auf beiden Seiten, ich merkte, dass ich mich auf der gegenüberliegenden Seite etwas wohler fühlte, weil dort kein dichtes Gedränge herrschte. Dennoch setzte ich meine FFP2-Maske auf, als die Menschen in Hinblick auf die Öffnungen ab 19. Mai 2021 Verhaltensmuster aufzeigten, das Ganze schon um 10 Tage vorzuverlegen.

Ach, übrigens: Machen Sie doch einen kurzen Zeitensprung! Auch an einem 9. Mai, aber im Jahre Zweitausendundzwölf, erlebte ich ein wundervolles Konzert von Ernst Molden im Gasthaus Goldmarie. Dort stellte er seine Soloplatte „a so a scheena dog“ vor. (Sehen Sie etwas Blaues oder Rotes? Verstehen Sie den Sinn einer Verlinkung? Ja, dann klicken Sie doch an und beamen Sie sich neun Jahre zurück…)

Und irgendwie schade, dass die Lieder aus diesem Album live total unterrepräsentiert sind. „a so a scheena dog“ gehört zu meinen liebsten Werken von Ernst Molden.

Zurück zum 9. Mai 2021: Das „Goldmarie“ wurde leider schon vor Jahren abgerissen und ich habe mir immer noch keinen Plattenspieler angeschafft.

Punkt 18 Uhr eröffnete Ernst Molden sein mittlerweile 30tes Balkonkonzert mit der Ouvertüre zu „Oh du lieber Augustin“. Und ich war baß erstaunt, wie GUT der Klang war. (Meine Hörsysteme waren eh auf Musikmodus geschaltet.) Und der Auto(bus)verkehr versursachte nurmehr ein fernes Rauschen, das mich kaum störte.

Nun schwang ich zu „Rudolfstiftung“ und „Da Czerny“ mit, beide wunderbar gelungene Interpretationen aus Moldens Feder, wer die Originale „St James Infirmary“ und „John Henry“ kennt.

Und ich jubilierte innerlich, mich dieses Mal für die andere Straßenseite entschieden zu haben. Neben dem astreinen Klang, wobei die Bassgitarre von Moldens Zweitgeborenem, Karl, immer wieder dominante Noten hinterließ, hatte ich eine gute Sicht auf das Vater-Sohn-Gespann. Und ich erblickte gelegentlich Ernst Moldens beste Frau aller Zeiten, die auch dieses Mal das Balkonkonzert mit ihrem smarten Mobiltelefon filmte.

Anschließend erklang ein Lied, das ich nicht erkannte. Handelt es sich um ein neues oder scheitert die Sori an ihrem begrenzten Musikwissen? Beim anschließenden Applaus schnappte ich „Georg Danzer“ auf, trotz des leiwandes Klangs wird’s bei mir nix mehr mit dem Sprachverständnis. Sprich, die Moderationen verstand ich kaum. Doch das nächste Lied erkannte ich wieder und ich grinste breit (und unerkannt hinter der Maske), dass ich mich für meinen Mut lobte, wieder in die U3 einzusteigen und jeweils eine rund zwanzigminütige Fahrt in Kauf zu nehmen, nur um ein Balkonkonzert zu besuchen. An diesem Sonntag wurden wir mit „Willi“, Moldens Interpretation von Bob Dylans „Billy # 1“, beschenkt.

Und – Asche auf mein Haupt – ich mag den Schurli, aber ich bin Team „STS“, wenn’s um Austropop geht. Ähnlich sieht auch das Verhältnis Dylan : Springsteen aus.

Bevor Ernst das nächste Lied anstimmte, sprach er ein paar Worte. Fragen Sie mich nicht, was er wirklich gesagt hat. Ich verstand höchstens drei Worte, fing ein „letztes“ auf und überließ es meiner Phantasie, was er gesagt haben könnte. Und fast gleichzeitig hörte ich ein enttäuschtes Raunen aus dem Publikum. So reimte ich es mir zusammen, dass Ernst Molden in Hinblick auf die Öffnungen am 19. Mai 2021 sein (vor)letztes Balkonkonzert spielen würde.

Nach dieser für mich leider unverständlichen und daher nur zu Spekulationen neigenden Ansprache erklang ein Lied von Ernst Molden, das zu einem Klassiker geworden ist: „Hammerschmiedgossn“. Hinter meiner Maske sang ich mit und freute mich über die geglückte Liederwahl, da ich bei meinen drei Balkonkonzerten bisher „neue“ Lieder zu hören bekam.

Auch wenn mein drittes Balkonkonzert Anstalten machte, sich zu meinem besten zu formieren und ich für diese besonderen Momente dankbar bin, hoffe ich doch, dass nun „normale“ Konzerte wieder möglich sind und Ernst nicht dazu gezwungen wird, beim nächsten „Lockdown“ wieder von seinem Balkon zu spielen. Zuzutrauen wäre es.

Und: Herr Bürgermeister, wo bleibt der Goldene Rathausmann für Ernst Molden? Er hat viel mehr für uns getan als irgendein Wiener Philharmoniker!

Zum Abschluss spielten Vater und Sohn „Fliag mit mir zum Mond“ und als Zugabe das C-Lied „Awarakadawara“. Es gibt Lieder, die zwar schon vor der Pandemie entstanden, aber einfach auf diese Zeit zugeschnitten sind. Dazu gehört auch „Awarakadawara“. Ja, „wo san meine Hawara“, die sich auf Konzerten zusammenfinden, aber sonst fernbleiben?

Positiv gestimmt und beschwingt trat ich den Heimweg in meiner Ottakringer Vereinzelung an. Und nahm es mit einer für mich erschreckenden Gelassenheit hin, während der Fahrt bei einer Haltestelle, die noch ca. zehn Stationen von meiner „Endstation“ entfernt ist, aus der U3 auszusteigen und auf die nächste zu warten. Denn die Garnitur, die ich verließ, war ziemlich gut gefüllt und ein maskenbefreiter Junge nutzte den Schlauch, um mit seinem Roller den ganzen Waggon hin und her abzufahren.

Die nächste war dann angenehm zum Fahren und mein blödes Grinsen behielt ich die ganze Zeit über. (Gut, dass ich die Maske aufhatte.)

Wieder ein herzliches DANKESCHÖN an Ernst, Karl und Veronika Molden und hoffentlich bald auf einem richtigen Konzert!

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13 Kommentare

  1. Es ist schon sehr lange her, dass ich oesterreichische Liedermacher gehoert habe. Mir fallen hier lediglich Georg Danzer und Ludwig Hirsch ein.

    Auf das Wiederbesuchen von Konzerten, die sehr ich sehr stark vermisse, hoffe ich ebenfalls, insbesondere im Freien. Drinnen ist mir die Sache nach wie vor nicht geheuer.

    Traditionell gibt es in New Jersey ein solides Angebot an Sommerkonzerten in oertlichen Parks. Darauf spekuliere ich. Zwar treten auf diesen in der Regel kostenlosen Veranstaltungen keine riessen Stars auf. Doch gibt es hier einige Tribute Bands, die wirklich gut sind.

    1. Die Stadt Wien wird in diesem Jahr zum zweiten Mal in Folge ihr „Kultursommer“ abhalten. Es werden über die Stadt verteilt Buehnen stehen und abwechslungsreiche Kulturprogramme geben. Ich habe schon im vergangenen Jahr das gratis Angebot gern genutzt und ich freue mich schon darauf, fuer dieses Jahr sogar drei Buehnen in fuesslaeufiger Naehe zu haben. Es treten auch vorwiegend unbekannte Kuenstler auf, aber sie haben auch ihren Reiz und ich stehe dem total offen gegenueber.

  2. Freut mich für Dich, dass Du endlich wieder ein Konzert(chen) genießen konntest! 🪕🎷 Habe ich es richtig verstanden, dass Du in Deinem Hörgerät störende Nebengeräusche wie die Autobusse herausfiltern bzw. unterdrücken kannst?

    1. Hörgeräte können sehr wohl in der Lage dazu sein, (störende) Nebengeräusche herauszufiltern, aber das geht auch nicht hundertprozentig. In diesem Fall würde ich behaupten, dass mithilfe meines Musikprogramms die Musik einfach dominierend war und somit den Straßenlärm verdrängen konnte.

      1. Es gibt mittlerweile ein Emoij (oder Emoji, bin eh oldschool), das ein Ohr mit einem Hinter-dem-Ohr-Hörgerät abbildet.

  3. Ach, ihr Wiener! Ihr habt so wunderbare Ideen, auch im Umgang mit dem Lockdown! Balkonkonzerte! Ich könnte da leider nicht hingehen, der allgemeine Lärm würde mich um den Verstand bringen, und ich keinen einzigen Song erkennen. Aber wenn ich gut hören würde, würde ich sowas sehr geniessen.

    1. Liebe Frau Frogg,

      die Balkonkonzerte begannen im Zuge von C im März 2020 in Italien und gingen von dort quasi um die Welt. Prominente Musikanten, versteckte Talente und Möchtegern-Sänger:innen gaben von ihren Balkonen oder Fensterplätzen ihr Können zum Besten. Im kurz aufblühenden Sommer geriet diese schöne Aktion in Vergessenheit und das schätze ich an Ernst Molden, der als einer der wenigen Musikanten diese Tradition auch in diesem Jahr wieder auflebt.

      Wie schon im Beitrag erwähnt, stand ich beim dritten Besuch auf der „lauteren“ Seite und bekam dennoch den besten Klang.

      Am vergangenen Freitag war die Eröffnung der Wiener Festwochen und Moldens Auftritt hat mich sehr berührt:

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