Rückblick: 09.07.2012 – Bruce Springsteen and the E Street Band in Zürich

Vorgeschichte: Nachdem die drei Konzerte (FFM, Mailand, Wien) fixiert waren, kam nachträglich Zürich in Bruces Tourneeplan. Zürich zu sehen, plante ich schon nach meinem Kurzurlaub in Tirol im Juli 2011. Ich saß damals im Railjet nach Innsbruck, der bis Zürich fuhr und eine achtstündige Zugfahrt hat die Sori im Laufe der Jahre eigentlich nur hart gemacht. Da ich zu diesem Zeitpunkt zwischen meinem Studium und einer Teilzeittätigkeit jonglierte, kaufte ich mir für das Konzert nur eine normale Stehplatzkarte – Front Field mit umgerechnet 150 EUR war mir zu teuer. Dagegen konnte ich mir rechtzeitig günstige Zugfahrkarten sichern und die Herbergssuche war etwas kompliziert, hat aber dann geklappt.

Zürich, 9. Juli 2012: Nach einem schönen Ausflug zum Uetliberg brach ich am späten Nachmittag vom Hotel zur Station „Central“ auf und fuhr mit der Tram Richtung Letzigrund. Um mir das Umsteigen in einer anderen Tram, die nur eine Station bis zum Stadion fährt, zu ersparen, stieg ich mit vielen anderen Konzertbesuchern schon vorher aus und den Rest des Weges legten wir zu Fuß zurück. Beim Stadion angekommen, erhielt ich gratis Ricola-Zuckerl, was ich angenehm fand, und entdeckte meinen Eingang. Die Sicherheitskontrolle verlief unkompliziert und schon setzte ich mich in den Schatten, die Wartezeit ging recht locker von dannen. Ich unterhielt mich mit einem jungen Mädel, die nun ihr erstes Springsteen-Konzert erleben würde und von ihren Eltern begleitet wurde.

Konzert: „Pünktlich“ um 19:20 Uhr läutete es zu „The Magnificent Seven“, das Mädel und ihre Mama erkannten die Melodie und taten so, als ob sie auf Pferde reiten würden. Die E Street Band und ihr Boss betraten die Bühne, Bruce rief ein „Gruezi Zurich“ und ein paar Worte aus. Ohne uns die Zeit zu geben, den einleitenden Takten zuzulauschen, kam sofort ein „COLD RAIN RUNNIN‘ DOWN THE FRONT OF MY SHIRT…“.

Ich erstarrte kurz, schrie, jubelte – aber mein Geschrei war im Umkreis von 500 Metern noch zu hören. Es registrierte keiner, dass da vorne „DON’T LOOK BACK“ gespielt wurde. Einer meiner ganz großen Wunschlieder, nicht wirklich damit gerechnet, dass er es loslassen würde, während die Sori dabei ist und die Schweizer da merkten nicht, was gerade abging. Nicht ohne ein paar Freudentränen zu verdrücken, stimmte ich lauthals in die letzten „Don’t look, don’t look, don’t look…“ ein. Mit „BADLANDS“ weckten meine Helden ein paar weitere Konzertbesucher auf und legten für mich – wahrscheinlich weil die wenigen Tage Zürich/Rapperswil so teuer sind und ich einfach dafür belohnt werden musste – ein weiteres aus meinen Top-8-Wunschliedern drauf: „THE TIES THAT BIND“. Bei „We Take Care Of Our Own“ und „Wrecking Ball“ hatte ich Gelegenheit, mich zu zwicken wegen Lieder 1 und 3 und Luft zu holen wegen Lied 2 und nun freute ich mich auf „Death To My Hometown“. In „My City Of Ruins“ konnte Bruce das Publikum während der Bandvorstellung begeistern, dass nun „everybody are in the house“ und zelebrierte mit uns den „Spirit In The Night“. Zeit für Schilder: Ich staunte nicht schlecht, dass jemand ein „WORKING ON A DREAM“-Schild gebastelt hat, aber es passte einfach, dass Bruce und die E Street Band dieses Lied spielten. Das Lied mag kitschig sein, aber ich fand es einfach schön, dass ich am Letzigrund mit diesem Lied beschenkt wurde – so quasi als vorläufig letzte lange Reise zu Bruce. „GROWIN‘ UP“ war wunderschön, aber für das hintere Fußvolk irgendwie zu ruhig und mit „SAVE MY LOVE“ bekam ich endlich ein weiteres Gustostückerl aus „The Promise“. Bei „Jack Of All Trades“ spürte Bruce schon die Lahmarschigkeit des Publikums a la Schweizer Art und sparte tatsächlich mit vielen einleitenden Worten und ging dann zu „YOUNGSTOWN“ über. Das Gitarrensolo von Nils Lofgren war wieder zum Niederknien! „Johnny 99“ war… jo, eh… mit „Working On The Highway“ wurden ein paar weitere Schweizer wachgerüttelt. Sori, die eigentlich schon lange am Ausflippen war, hatte zumindest ein paar begeisterungsfähige Stehnachbarn um sich, aber der große Rest des Publikums war zum Gähnen und das bei dieser Setliste bisher! „Shackled And Drawn“ war gewohnt klass‘, „Waitin‘ On A Sunny Day“ dagegen eine Katastrophe, nachdem Bruce wieder zwei Kinder auf die Bühne holte. Bua mit widerwilligem Gesicht: „Wtn, wtn n snny dy…“ Also, sollte Bruce nicht spätestens an dieser Stelle merken, dass die Kindernummer nicht mehr zieht??? Das Mädel war ein wenig geübter und ließ noch ein leidenschaftsloses „Come on E Street Band“ los – nein, nein, nein und nochmals nein! „THE PROMISED LAND“ entschädigte mich für das vergangene Lied und nun nahm Bruce ein langes Schild und ging zum Klavier, die restlichen Musikanten traten von der Bühne ab. „Was tut er jetzt? Was steht auf dem Schild?“ jagten durch meinen Kopf und ich sah auf der Leinwand, dass „IF I SHOULD FALL BEHIND“ draufstand. Ich machte riesige Augen, aaaaaah, aber ich bin ja nicht im San Siro, fingen doch ein paar Konzertbesucher tatsächlich zum Plaudern an, hallo???

Nichtsdestotrotz, es war wunder-wunderschön! „The River“ kam mir dieses Mal ohne die gedanklichen Vorbehalte. „The Rising“ ist einfach ein Fixpunkt in der Setliste und mit „Out In The Street“ wurden ein paar weitere Schweizer aktiv. (Ach ja, ich hab vergessen zu erwähnen, dass bei „Waitin‘ On A Child“ die ersten Leute sich von ihren Sitzplätzen erheben konnten. Ich bin so frei und zitiere das am 25. Juni 2003 erwähnte in „Time to come up for the SWISS ass rising!“ um.) „(This is) LAND OF HOPE AND DREAMS“ war dennoch wunderschön, weil der Großteil des Publikums auf den Zug aufgesprungen ist und mit Bruce Springsteen und der E Street Band nach Letzigrund fuhr. „We Are Alive“ war wieder atmosphärisch, mythisch, einfach berührend, lebendig!

„BORN IN THE U.S.A.“ hat auch den letzten lahmen Konzertbesucher munter gemacht und bei „BORN TO RUN“ waren wir alle gleich: Tramps! Mit einem „Hungry Heart“ ging ich in „SEVEN NIGHTS TO ROCK“ auf, tanzte im grellen Stadionlicht zu „Dancing In The Dark“, heulte wieder bei „Tenth Avenue Freeze-Out“. Ich entdeckte auf der Leinwand ein Schild, wo „PHANTOM & THE BIG MAN STILL JOIN THE BAND“ draufstand und das mich sehr bewegte. Bei „Twist & Shout“ dampfte schließlich das kochende Letzigrund. Der Ärger über das lahme Publikum war schnell verflogen, ich war nur noch glücklich, ich konnte mich beim Konzert bei reichlich viel Platz verausgaben und: „DON’T LOOK BACK“. Der kurze Weg zur Tram ging schnell, ich ließ eine „E-Tram“ vorbeifahren und konnte mich glücklich schätzen, dass die nächste Tram so ideal anhielt, dessen Türe sich vor meiner Nase öffnete und ich gleich einsteigen und mir einen Sitzplatz ergattern konnte. Bei der rund zwanzigminütigen Fahrt zum Hauptbahnhof kam ich mit anderen Konzertbesuchern ins Gespräch, hatte ständig „Don’t Look Back“ im Kopf und dieses blöde Grinsen. Da ich beim Konzert kein Geld ausgegeben hatte, gönnte ich mir in einer Bar unweit von meinem Quartier einen Krügerl Eichhof um knappe acht Franken und war nur noch beseelt. „DON’T LOOK BACK“… *blödgrins*

Ich tue es heute immer noch. Wenn ich mich an dieses Konzert erinnere, muss ich an „Don’t Look Back“ denken.

Weiterführend:

http://brucebase.wikidot.com/gig:2012-07-09-letzigrund-zurich-switzerland

Bruce Springsteen live = Musik vom feinsten ohne Schnörkel-Show

the boss in zürich

10 Kommentare

  1. Das klingt alles super. Weiterhin haette ich Bruce ein „Gruezi Zurich“ offengestanden nicht zugetraut. Die Kameraperson, die die beiden ersten Videoclips eingefangen, war wohl sehr aufgeregt! :-)

    1. Selbst wenn die Videos gewackelt haben, sie gehoeren noch zu den besten Clips aus den Tiefen des YouTube. Manchmal sind mir die weniger professionellen Aufnahmen lieber als die perfekt sterilen, denn da kommt die authentische Live-Atmosphaere besser rueber. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich bei diesem Konzert sehr selten still gestanden bin ;-)
      Ausserdem: „Don’t Look Back“ und „If I Should Fall Behind“ gehoeren zu den Raritaeten dieser Tour. Erstere hat Springsteen zuvor und danach nicht wieder in Europa gespielt.

      1. Ein Stueck weit war mein Kommentar ein „tease“. Videos von tollen Konzerten, die man selber besucht hat, sind schoene Erinnerungen.

        Springsteen ist wirklich ein Ausnahmekuenstler, insbesondere was seine Live-Auftritte angelangt. Dieses Springsteen Wicki, welches Du Link hattest, ist uebrigens wirklich eindrucksvoll.

        Fuer naechstes Jahr hat der Boss ja bereits eine grosse internationale Tour angekuendigt, auf die wir uns freuen koennen. :-)

      2. Die USA-Termine lassen noch auf sich warten, waehrend Europa scheinbar ausverkauft sein soll.
        Oh ja, das Wiki ist super. Ich schaue immer wieder hinein.

      3. Wirklich, Europa bereits ausverkauft? Ist ja der schiere Wahnsinn! Da muss ich wohl ganz besonders aufpassen wenn die Tickets hier in Amerika on sale gehen!

        Wohingegen ich mir eigentlich vorgenommen habe seltener zu Kuenstlern zu gehen, die ich bereits gesehen habe, wuerde ich fuer Spingsteen wohl eine Ausnahme machen. Dies waere dann das dritte Mal, dass ich ihn live erleben wuerde! :-)

      4. Es ist aber davon auszugehen, dass noch ein paar Kartenkontingente freigeschaltet werden. Ist ja noch ein Zeiterl bis zu den Konzerten nextes Jahr.

        Na geh, Springsteen kann man nicht oft genug erleben! :-)

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