17.06.2016 – Bruce Springsteen and the E Street Band in München

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Vorgeschichte:

Meine Musiksammlung wurde um „The Ties That Bind: The River Collection“ bereichert und Bruce Springsteen ging mit der E Street Band auf USA-Tournee, um die Box zu bewerben präsentieren. Ich verschwendete keinen Gedanken daran, in die USA zu reisen, weil mir meine berufliche Weiterbildung wichtiger war und tief in mir drinnen hatte ich das Gefühl, dass er wieder nach Europa zurückkehren würde. (Ich träumte sogar davon.)

Ende Januar/Anfang Februar verdichteten sich die Gerüchte für eine Europa-Tournee, die ersten Termine kamen nach und nach heraus. Es war ein unglaublich zäher Prozess. Wien ja? Wien nein! Ich nahm die Absage mit einer Gleichgültigkeit hin, die ich bei mir selbst nicht kannte, weil ich den „Boss“ doch sehr gern ein paar Mal live wiedersehen möchte. Wo bleiben überhaupt die Deutschland-Termine? Und: Ich habe die zeitliche Überbrückung im Gerüchte-Thread des stonepony.eu-Forums sehr genossen ;-)

Am Donnerstag, 25. Februar 2016 wurden auf livenation.de die Deutschland-Termine veröffentlicht: München am 17. Juni 2016 und Berlin am 19. Juni 2016. Erster Gedankenschuss: „Die Termine sind nach meiner Prüfung.“ (Riesige Erleichterung!) Zweiter Gedankenschuss: „Schon wieder München!“ (Leichte Ernüchterung.) Dritter Gedankenschuss: „Berlin! Dort wollte ich Bruce schon immer erleben.“ (Dennoch große Freude, dass die Deutschland-Termine endlich da waren!) Der Kartenvorverkauf startete am Samstag, 27. Februar 2016 ab 10 Uhr. Ich nahm mir beide Konzerte vor und für München konnte ich wieder Alex gewinnen, mit der ich München 2013 erfolgreich und „tougher than the rest“ gemeistert hatte. Ich bat Alex, dass sie bei eventim.de FOS-Karten für München ergattern soll, während ich mein Glück auf ticketmaster.de versuchte. An diesem Samstag schwänzte ich sogar meinen Steuerrecht-Kurs. Stattdessen saß ich vor dem Laptop und bebte innerlich vor Aufregung, um 9:51 Uhr drückte ich spaßeshalber die F5-Taste und landete plötzlich in der Warteschlange. Der Kreis schloss sich mehrmals und um 10:01 Uhr plumpste ich auf der Bestellseite. Meine Güte, wie benutzerunfreundlich ticketmaster.de ist und dann auch noch bestätigen, dass ich kein Roboter bin – a so a Schas, aber dennoch zwei FOS-Tickets für München eingesackelt. Ich musste mehrmals hinschauen, ob ich auch alles richtig gemacht hatte und konnte meine Bestellung bestätigen. Rief Alex an, dass ich zwei FOS-Karten für München fixiert hatte. Sie war zwei, drei Sekunden sprachlos, jubelte vor Freude und teilte mir mit, dass bei eventim.de gar nix gegangen ist. Ich daraufhin: „Du, ich muss noch schauen, dass ich eine Karte für Berlin bestellen soll.“ (Fortsetzung folgt im Berlin-Bericht.)

München:

Am Donnerstag, 16. Juni 2016 ging vom Wiener Hauptbahnhof die Reise zum Paralleluniversum los. Ich stellte fest, dass ich noch nicht die übliche kindliche Aufregung verspürte, die ich sonst vor den Springsteen-Konzerten hatte. Ich bekam die Schübe nur in homöopathischen Dosen. Alex ging es genauso. Was ist los? Sind wir schon zu alt? Zu abgebrüht? Nein, wir fahren nach München zu einem Konzert von Bruce Springsteen and the E Street Band und wollen es einfach nur genießen. Daher waren wir total entspannt. Während der Zugfahrt fand Alex auf Gesichtsbuch die Roll Call-Zeiten heraus und wir beschlossen, nach der Ankunft erst im Hotel einzuchecken und dann gemütlich in die Stadt zu fahren und anschließend die Nummern zu holen. Den Roll Call um 20 Uhr wollten wir uns nicht stressen. So verbrachten wir eine angenehme Zeit im Hofbräuhaus, während draußen in Strömen regnete. Im Hard Rock Cafe gegenüber erweiterte ich meine Sammlung um ein weiteres Stamperlglas. Gegen 20:30 Uhr waren wir beim Olympiastadion und bekamen die Nummern 177 (Alex) und 178 (ich) auf die Handrücken gemalt – no, bitte! Nur ein paar Nummern weiter als 2013.5535Wir haben die gleiche Unterkunft wie in 2013 genommen, weil wir den Spaziergang durch den Olympiapark zum Stadion sehr schätzen. Im Hotel angekommen, gönnte ich mir ein weiteres Bier und sah mir eine schwache zweite Halbzeit meiner „Pussys“ an. (Bärner Insiderwissen!)

Am nächsten Morgen wurde ich kurz vor 7 Uhr munter, obwohl ich die vergangenen sieben Tage über die Stränge geschlagen und nur wenig geschlafen habe. Spazierten zum 9-Uhr-Roll Call, es war noch kalt und regnerisch, Erinnerungen an 2013 wurden wach.

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Freitag, 17. Juni 2016: Nach dem 9-Uhr-Roll Call.

Wir gingen zurück zum Hotel, beim Frühstück aß ich wie ein König (ob Königinnen so etwas tun, sei dahingestellt) und wir marschierten zum 12-Uhr-Roll Call. Dort teilten uns die Organisatoren mit, dass sie noch keine offizielle Information von der Security erhalten haben, also sollen wir uns um 13 Uhr wieder anstellen. Zumindest regnete es nicht mehr, und die Sonne traute sich öfters hervor. Ein paar Runden um den Park gedreht. Um 13 Uhr hörten wir die gleiche Botschaft. „Des is’n Schas!“ war mein leiser Kommentar. Nächster Roll Call um 14 Uhr. Das Gute war: Das Wetter besserte sich allmählich und die Regenwolken vom Morgen verzogen sich. Beim 14-Uhr-Roll Call erhielten wir die frohe Kunde, dass Graham & Co da seien und wir nun auf Bereitschaft schalten müssten. In der nächsten Stunde bekam ich den Eindruck, es könnte alles aus dem Ruder laufen. Beim Nordeingang standen irgendwelche Security-Mitarbeiter vom Stadion und verteilten die Wristbänder auf die zuströmenden Leute. Nichts mit geordnet. Die Organisatoren wurden blass und hielten Kriegsrat und dank Alex erfuhr ich ein „Alles ist gut! Alles ist gut!“. Kurz nach 15 Uhr hörte ich die Trillerpfeife und nun kam wieder Ordnung in das geordnete Chaos. Wir wurden der Reihe nach Nummern aufgerufen und gebeten, uns auf den mittlerweile von der Sonne gewärmten Boden zu setzen. Aber ab da wurde auch nicht mehr kontrolliert, ob die entsprechenden Nummern an ihrem Platz waren. Die restlichen Bandln wurden ausgeteilt und wir hatten nette Gesellschaft mit einer Kasselanerin (Nr. 174 – ich hoffe, ich habe Deine Herkunft richtig gedeutet!), witzigerweise waren Nr. 175 und 176 auch Österreicher (Ein Kärntner aus dem Lavanttal und ein Steirer.), Guido aus 2013 sahen wir wieder und ganz liebe Grüße an ZwA. Und ein ganz großes DANKE an die Roll Call-Organisatoren, Ihr habt Euren Job sehr gut gemacht! Hut ab!

151651Nach 17 Uhr wurden wir eingelassen und wir entschieden uns wieder, etwas weiter hinten zu bleiben. Wir hätten locker erste Reihe ganz rechts stehen können, aber auf solche Geilheiten waren wir nicht (mehr) scharf. Die Sonne brannte heiß auf meinem Rücken, ich durfte noch einmal Stiegen steigen, um aufs Klo zu gehen, aber dafür konnte ich dieses Foto machen:173533Wieder die Stiege hinunter, holte ich mir ein Wasser und fand Alex & Guido wieder. Alles deutete darauf hin, dass wir nicht mehr so lange auf den offiziellen Beginn warten müssen.

Konzert:

2016-06-17

Um ca. viertel nach 19 Uhr betraten Soozie Tyrell, Charlie Giordano, Jake Clemons, Nils Lofgren, Max Weinberg, Steve Van Zandt, Roy Bittan, Garry Tallent und – Bruce Springsteen! – die Bühne.

Ich heulte. Dankbarkeit. Freude. Mir wurde bewusst, dass ich fast drei Jahre auf ein weiteres Konzert warten musste und nun ist er auf der Bühne und spielt ein wunderbares Intro zu „Prove It All Night“.191658Das war also dieses vielgerühmte „78er Intro“ und „Prove It All Night“ rockte den PIT. Es steigerte sich mit meinem Lied, „BADLANDS“. War ich erlöst, wieder an die wichtigsten Zeilen „Talk about a dream, try to make it real“ und „IT AIN’T NO SIN TO BE GLAD YOU’RE ALIVE“ erinnert zu werden. Aus dem „The River“-Album folgten „Out In The Street“, „Sherry Darling“ und „Two Hearts“, wobei ich zugeben muss, dass ich „The Ties That Bind“ ein wenig vermisste, weil ich das Lied noch im Soundcheck gehört habe. Dennoch sind wir auf einem weiteren Konzert von Bruce Springsteen und rockten zu „No Surrender“ ab, mit „Hungry Heart“ habe ich nun endlich Frieden geschlossen und ganz große Klasse, wie Bruce durch die Lücke zwischen PIT und normalem Innenraum schritt, vielen Fans die Hände abklatschte und das Lied sang. Jake Clemons als rechtmäßiger Erbe des „Big Man“ unterstützte den „Boss“ mit dem Saxophonspiel und mischte sich auch unter die Menge. Oh yes, „everybody’s got a hungry heart“. So ist es – und nicht anders. Nun bekam ich meine Premiere von „You Can Look (But You Better Not Touch)“ – zum Seligwerden kam ich nicht dazu, weil ich lieber toben wollte. Dass ich dem Doppelpack „Death To My Hometown“/“My Hometown“ noch eine größere Bedeutung beimessen sollte, war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst. Dennoch musste ich an Erfurt denken. Und beide Lieder haben wunderbar zusammen gepasst. Nach dem letzten „This is your hometown“ – Gänsehautmoment! – erinnerte Bruce uns an das Konzert von 2013: „I remember Munich last time… oh my god… I froze my ass off… and the rain… and the wind…“ – da viele München-Veteranen von 2013 auch an diesem Abend dabei waren, war der Jubel laut. Ja, München 2013 war arschkalt, aber ich behalte es in wunderbarer Erinnerung. Es war ein Erlebnis.

„Johnny 99“ dämpfte mich und ich war froh, wieder aus dieser Stimmung herauszukommen, als ich die ersten Takte von „YOUNGSTOWN“ erkannte. Unvergesslich, als der „In Italien sagen wir Brutsche Brutsche Brutsche“-Lederjacken-Typ anerkennend zu mir herübersah, als ich den letzten Vers und besonders „HEEEEEELLLLLLLL“ aus mir hinausschrie ;-) Und dann hauten sie „MURDER INC.“ raus. Stevie legte mit seinem Gitarrensolo noch eines darauf, nachdem Nils ein halsbrechendes Gitarrensolo bei „Youngstown“ durchgewirbelt hat. „The River“ war an diesem Abend die Isar. „Is a dream a lie if it don’t come true or is it something worse/That sends me down to the river…“ Ich werde noch weitere Stationen am Fluss besuchen.

Nun erklangen die Takte zu einem Lied, welches ich nicht sofort heraushören konnte. Ich rechnete auch nie damit, dass Bruce und die E Street Band dieses Lied in Deutschland spielen würden. Aber wirklich: „41 Shots… and we’ll take that ride…“ – WOW! Das hat gesessen! Dazu fehlen mir weitere Worte. War ich glücklich, wieder „The Promised Land“ zu hören und ich lebte das Blow away the dreams that tear you apart/ Blow away the dreams that break your heart/ Blow away the lies that leave you nothing but lost and brokenheartedmit. „Working On The Highway“ begeisterte wieder die Massen und bei „Darlington County“ fand ich es klasse, dass Nils den vorletzten Part gesanglich übernahm. Leider ist „Waitin‘ On A Sunny Day“ samt Kindeinlage ein fixer Bestandteil der Setliste, weil ich auch merkte, dass das Lied für Stimmung sorgen konnte. (Bei mir zumindest nicht auf diese Art und Weise, aber ist ja gut.) Mit „I’m On Fire“ stellte ich fest, dass die Setliste leicht „Born In The U.S.A.“-lastig war. Wollte Bruce uns für das Konzert von 2013 entschädigen, da er nach „My Hometown“ auch darauf ansprach? „Because The Night“ really belongs to us und mir wurde wieder bewusst, wie wichtig „The Rising“ für Bruce ist. Nun nahm er wieder die Mundharmonika und spielte die berühmten einleitenden Takte zu „Thunder Road“. Nach So you’re scared and you’re thinking/ That maybe we ain’t that young anymore“ heulte ich wieder Rotz & Wasser, es blitzten so viele Bilder, Erinnerungen, Worte zu diesem Lied auf und wenn man sich einmal in diese Zeilen stürzt und aus dieser „Stadt voller Verlierer herausbrechen will, um zu gewinnen“, das sitzt tief drinnen im Kopf, Herz & Bauch. Es war auch schön zu sehen, wie Bruce und Jake jeweils auf ihren Außenplätzen ein Gitarren-Saxophon-Duell lieferten und beide dann gleichzeitig zur Bühnenmitte liefen.

„This is Land Of Hope And Dreams“ kündigte Bruce an und wir sprangen wieder auf diesen Zug. Der Zug, der mich, von Wien nach München und zu weiteren Orten führt. Der Zug, der alle Typen von Menschen, Heilige und Sünder, Sieger und Verlierer, verlorene Seelen, führt, Treue belohnt wird und die Glocken der Freiheit läuten. „People get ready“ – ja, wir sind bereit!

„Born In The U.S.A.“ krachte in das Münchner Olympiastadion und Bruce brennt schon seit mehr als 40 Jahren für „Born To Run“. Interessant war, dass Bruce dieses Mal nicht nach vorne zum Steg kam, um die Gitarrensaiten von den Händen der Fans schrammeln zu lassen. Auch kam er mir ein wenig verkühlt vor, der laufende Rotz aus seiner Nase war auf der großen Leinwand nicht zu übersehen und er hat schon mehr gesprochen. Dennoch ist und bleibt Bruce Springsteen der „hardest working man in the rock business“! Mein Respekt gilt auch für die E Street Band, die den Titel mit ihrem Boss teilen darf.

„Seven Nights To Rock“ war Party pur, bei „Dancing In The Dark“ hatte ich die Wahl, entweder auf ein String-Tanga vor mir zu starren oder auf die große seitliche Leinwand zu schauen. Ich entschied mich für letztere. „10th Avenue Freeze-Out“ ließ die Erinnerung an Danny Federici und Clarence Clemons nicht verblassen und wir rockten noch einmal zu „Shout“ ab.

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Bruce verabschiedete seine Musiker, eine Akustikgitarre und Mundharmonikahalter werden ihm gereicht. Aufgrund der vergangenen Konzerte rechnete ich mit einem „This Hard Land“. (Ein Request-Schild wurde auch auf der Leinwand gezeigt.) Bruce stimmte die Mundharmonika an und spielte ein paar Takte auf der Gitarre. Tief im Inneren spürte ich, dass es nicht um dieses Lied handeln konnte. Es war anders. „Princess cards she send me with her regards…“ – meine Kinnlade klappte vor lauter Staunen und Freude herunter und ich vergoss weitere Tränen. Bis auf ein paar wenige horchten wir alle den berührenden Worten zu – was für ein wunderbarer Abschluss. Danke Bruce, dass Du für uns, für jeden einzelnen von uns, „for you“, gekommen bist!

Interessante Links zum Nachlesen: brucebase.wikidot.com  Artikel im merkur.de

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